Stellungnahme Versorgungsmedizinische Begutachtung zum Referentenentwurf der Sechsten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung
Der Allgemeine Behindertenverband in Deutschland ABiD e.V. begrüßt das Anliegen des
Referentenentwurfs der Sechsten Verordnung zur Änderung der VersorgungsmedizinVerordnung vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für eine bundeseinheitliche
versorgungsmedizinische Begutachtung.
Die aktuellen länderhoheitlichen Differenzen tragen erheblich zu einer unfairen
Unterstützung durch Nachteilsausgleiche bei.
Selbst bei Versorgungsämtern im selben Bundesland gibt es für gleiche Krankheiten mit
vergleichbaren Stadien und Einschränkungen große Bewertungsfreiräume.
Deshalb fordern wir über den Entwurf hinaus:
1. Gleiche Erkrankungen mit gleicher Einschränkung müssen auch gleich
Anerkennung in versorgungsmedizinischer Begutachtung finden.
Krankheitsspezifische Leitlinien und deren Empfehlungen zu
versorgungsmedizinischer Begutachtung müssen ausreichend berücksichtigt
werden.
2. Entsprechend muss beim Punkt 1.7 bei Erkrankungen mit schwankendem Verlauf
(z.B. durch Tageszeitabhängigkeit) der schlechteste Krankheitszustand, wie bereits
in manchen krankheitsspezifischen Leitlinien empfohlen, Grundlage für die
Beurteilung des GdB bilden.
3. Noch immer finden fachfremde Begutachtungen wie psychiatrisch bei eindeutig
neurologischem Krankheitsbild (z.B. Parkinsonkrankheit) statt. Diese
Diskriminierung muss umgehend geändert werden.
4. Unsichtbare Behinderung durch Fatigue, Schmerzen, seelische Veränderungen,
Sensibilitätsstörungen, Blasenstörungen, flukturierende Lähmungen müssen als
Ausnahme zu 3.5. mehr berücksichtigt werden, da sie oft gerade in Hinblick auf das
Arbeitsleben oder öffentliches Leben übersehen werden und somit der
Nachteilsausgleich für die Wahrung von Teilhabe essentiell ist.
5. Es müssen mehr Unterstützungsmöglichkeiten für den Schriftverkehr in
Widerspruchsverfahren für Menschen mit Behinderungen geschaffen werden. Eine
Person mit fortgeschrittener Demenz oder spastischer Lähmung ist z.B. ggf. ohne
Unterstützung durch dritte Personen nicht in der Lage, ein jahrelanges
Widerspruchsverfahren zu führen.
6. Die Beantragung eines Euro-Schlüssels muss bei Vorliegen von Blasenstörungen
jeglicher Art auch ohne einen GdB 70 + G, aG, B, H, BL beantragt werden können,
da die Einstufung von Blasenstörungen, wie unter 3.5 aufgeführt, allein oft nicht für
einen GdB von 70 oder mehr ausreicht oder bereits Menschen mit Rollator nicht
jede öffentliche Toilette benutzen können. Die Liste für vom GdB-unabhängig zu
wertenden Faktoren muss dabei um weitere Erkrankungen wie
Muskelerkrankungen, andere Erkrankungen mit spastischer Lähmung, erweitert
werden.