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Behinderte Menschen brauchen in Triage-Situationen besonderen Schutz!

Pressemitteilung

Der Allgemeine Behindertenverband in Deutschland (ABiD e.V.) kritisiert das „Hin und Her“ von Bundesgesundheitsminister Lauterbach in der Frage einer verfassungskonformen Ausgestaltung einer etwaigen Triage-Regel für kommende Epidemien. Nachdem das Ministerium zunächst einen Gesetzentwurf in die Abstimmung gegeben hatte, welcher auch eine sogenannte „Ex-Post-Triage“ beinhaltete, war der Sturm der Entrüstung derart groß, dass Lauternach das Schriftstück umgehen wieder einkassierte. Denn es hatte vorgesehen, dass gerade Menschen mich Multimorbidität, die auf einer Intensivstation behandelt werden, von dieser intensivmedizinischen Behandlung entkoppelt werden können, wenn die Nachfrage nach entsprechenden Betten durch eine wachsende Zahl an einem Virus erkrankter Personen steigt und der Bedarf an Intensivplätzen so groß wird, dass am Ende jene behinderte und chronisch kranke Menschen, die schon auf der Intensivstation in Behandlung sind, aber im Verhältnis eine geringere Überlebenschance haben könnten, von der Intensivstation genommen werden und damit den Platz für einen akut an einer Infektion betroffenen Patienten freimachen müssten.

Diese Vorgehensweise wäre nicht mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vereinbar, meint der Sozialberater des ABiD e.V., Dennis Riehle: „Karlsruhe hat deutlich gemacht, dass gerade Menschen mit Behinderung auch in einer Pandemie einen besonderen Schutz genießen. Ihre mögliche Mehrfacherkrankung darf gerade nicht dazu führen, automatisch anzunehmen, dass sie eine geringere Wahrscheinlichkeit für eine Genesung besitzen. Wenngleich nicht jede Form der Triage explizit ausgeschlossen ist, steht behinderten Personen ein übergeordnetes Anrecht auf eine intensivmedizinische Behandlung zu, weil sie nicht nur aus ethisch-moralischen Gründen eine besondere Fürsprache und Stimme brauchen, die sie in solch einem möglichen Ernstfall vor einer Schlechterstellung bewahren. Es verbietet sich zudem, Intensivbetten allein an der Wahrscheinlichkeit für eine Gesundung auszurichten. Prinzipiell ist die Würde des Menschen unantastbar und jedes Leben gleich wert. Wir müssen daher viel eher Vorbereitungen treffen, wie wir für eine erneute medizinische Eskalation durch einen grassierenden Virus ambulant wie stationär besser aufgestellt sind und ruhende Strukturen rasch wieder aufbauen können. Schlussendlich muss die Triage ein absoluter Ausnahmefall sein“.

Riehle ergänzt: „Die Kriterien, wem eine intensivmedizinische Behandlung zuteilwird, dürfen sich nicht isoliert an einem Behindertenstatus eines Menschen festmachen. Zunächst muss jeder Patient unvoreingenommen und losgelöst von seiner bisherigen Krankheitsgeschichte gesehen werden. Die Feststellung, wie hoch die Aussicht ist, dass jemand durch ein intensivmedizinisches Bett überleben kann, muss ohne Rücksicht auf die Anamnese stattfinden und allein am aktuellen Gesundheitszustand festgemacht werden, in den die Beurteilung von Vorerkrankungen und Behinderung nicht pauschal einfließt, sondern in ihrer Auswirkung auf den aktuellen Status bewertet wird“.

Der Sozialberater ergänzt: „Es darf also ausschließlich die Momentaufnahme des einzelnen Patienten in seiner derzeitigen medizinischen Verfassung zählen. Ärzte dürfen sich in ihrer Entscheidung, wer auf der Intensivstation (weiter-)behandelt wird, nicht an möglichen Vorinformationen orientieren und von vorstationären Befunden leiten lassen, sondern sind dazu angehalten, unter Abwägung aller Gesamtumstände des Augenblicks zu befinden, welcher Patient in dieser Situation den größten intensivmedizinischen Betreuungsbedarf besitzt. Erst nachrangig kann hierbei die Überlegung einfließen, welches Leben noch am ehesten gerettet werden kann“, erklärt Riehle abschließend.

Der ABiD e.V. setzt sich somit für eine dauerhaft bessere Ausstattung unserer Intensivstationen ein, damit sie im Zweifel rasch hochgefahren werden können. Jegliche Triage-Situation muss nach Möglichkeit verhindert werden. Behinderten müssen in jedem Fall vorrangigen Schutz haben, stellen die Vorstände Marcus Graubner, Andreas Scheibner und Klaus Heidrich zusammenfassend fest und fordern rasche Nachjustierungen.

Hinweis: Die entgeltfreie Sozialberatung des ABiD e.V. kann über dessen Homepage www.abid-ev.de oder über Mail: Soziales@ABiD-ev.de erreicht werden. Nach Einwilligung in die nötige Datenschutzerklärung kann das Anliegen unmittelbar elektronisch vorgebracht werden. Entsprechend steht die freiwillige Dienstleistung allen Bürgern zur Inanspruchnahme offen. Verschwiegenheit wird zugesichert. Eine anonyme Mail-Beratung ist ebenfalls möglich. Haftung wird ausgeschlossen. Auskünfte werden nach bestem Wissen erteilt.

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Die Weiterbildung wird im Rahmen der Selbsthilfeförderung nach § 20 c Sozialgesetzbuch V finanziert durch den BKK Dachverband .