Begleit- und Vertrauenspersonen dürfen bei Begutachtung nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden
Personen, die einen Grad der Behinderung beantragen und im Verwaltungs- oder Klageverfahren zu einer medizinischen Begutachtung gebeten werden, dürfen zu solch einem Termin grundsätzlich eine Begleit- und Vertrauensperson mitnehmen. Dies hat der 9. Senat des Bundessozialgerichts entschieden. Im konkreten Fall hatten sich vom den Grad der Behinderung überprüfenden Gericht beauftragte Gutachter zur Abgabe eines Gutachtens geweigert, weil der Kläger darauf bestanden hatte, zum Termin der Begutachtung eine Vertrauens- und Begleitperson mitzubringen. Die Gutachter sahen hierin einen möglichen Versuch, eine effektive Begutachtung und eine objektive Beweiserhebung zu verfälschen. Diese pauschale Weigerung der Gutachter war nach Ansicht des BSG allerdings nicht rechtmäßig. Zwar könne das Gericht im Zweifel durchaus anordnen, dass die Begleit- und Vertrauensperson nicht bei der eigentlichen Begutachtung dabei sein darf. Es muss jedoch konkrete Anhaltspunkte dafür geben, dass durch ihre Anwesenheit tatsächlich die Beweiskraft der Untersuchung gefährdet ist. Eine generelle Ablehnung des Beiwohnens von Vertrauens- und Begleitpersonen bei einer Begutachtung im Rahmen des Schwerbehindertenrechts ist damit illegitim. Viel eher kann sie das Gericht je nach medizinischer Fachrichtung des Gutachters, der Phase der Begutachtung oder dem Beziehungsverhältnis der Begleitperson zum zu Begutachtenden temporär ausschließen.
Quelle: Bundessozialgericht, 9. Senat, Entscheidung vom 27.10.2022, Az.: B 9 SB 1/20 R