ABiD übt scharfe Kritik an Forderungen für allgemein längere Arbeitszeiten
„Wochenstunden und Renteneintrittsalter müssen flexibler gestaltet werden!“
Der Allgemeine Behindertenverband in Deutschland e.V. zeigt sich besorgt über die Debatte längerer Arbeitszeiten. Wie der Sozialberater des ABiD aktuell in einer Aussendung äußert, wäre sowohl eine erhöhte Wochenstundenzahl im Berufsleben, aber vor allem ein späterer Renteneintritt ein klarer Verrat an der fleißigen Bevölkerung. Dennis Riehle führt hierzu aus: „Es ist wenig überraschend, dass diese Forderung in Zeiten der wirtschaftlichen Krise von Arbeitgebern und Ökonomen kommt. Und es ist beschämend, dass sie offenbar keine anderen Maßnahmen im Köcher haben, als die schon seit Jahren unter einer steigenden Mehrbelastung durch die unterschiedlichen Herausforderungen leidenden Arbeitnehmer zusätzlich belasten zu wollen. Um die Rente künftig zu finanzieren, steht ein Maßnahmenkasten zur Verfügung, der verhältnismäßig und gleichsam gerecht ist. Dafür braucht es keine populistischen Forderungen nach Einschnitten für die Menschen. Stattdessen sind Strukturreformen nötig“, meint Riehle und erklärt hierzu beispielsweise: „Die Einbeziehung aller Bundesbürger in die gesetzliche Rentenversicherung wäre ein solch weitsichtiger Ansatz und würde die Kassen erheblich füllen. Es bleibt letztendlich fragwürdig, warum sich Parteien wie die FDP weiter einseitig für Beamte und Selbstständige einsetzen, statt eine gesamtgesellschaftliche Kraftanstrengung auf den Weg zu bringen, die aber sicher nicht im Rentenalter 70 liegen darf“. Riehle zeigt sich in diesem Zusammenhang irritiert über die derzeitigen Einlassungen von Unternehmerverbänden und Wirtschaftswissenschaftlern.
„Dass wir alle immer gesünder würden und daher auch länger arbeiten können, ist falsch. Stattdessen stagniert die Lebenserwartung eher und oftmals gesellen sich im höheren Alter Krankheit und Behinderung dazu. An dieser Stelle mit platten Verallgemeinerungen und einer interessengeleiteten Verzerrung der Tatsachen zu argumentieren, ist sehr durchsichtig. Menschen mit Handicap sind nicht selten. Sie stellen mindestens ein Achtel der gesamten Bevölkerung in Deutschland dar – und es wäre ein Hohn, gerade auch von ihnen ständig neu ansteigende Renteneintrittszeitpunkte zu fordern. Im 21. Jahrhundert entwickeln sich unsere Technologie und Digitalisierung derart schnell, dass es abwegig wäre, die Leute 42 Stunden pro Woche schuften zu lassen. Es geht viel eher in Richtung Vier-Tage-Woche, Home-Office und moderne wie flexible Formen des Übergangs in den Ruhestand. Da können wir den Straßenarbeiter nicht mit der Bürofachkraft gleichsetzen“, empört sich Sozialberater Riehle.
Er fordert stattdessen, Menschen mit chronischer Erkrankung und Behinderung stärker vom Arbeitsdruck zu entlasten und ihnen trotzdem eine gesicherte Rente in Aussicht zu stellen: „Lebensgeschichten sind derart individuell, dass gleichsam die Lösungsmöglichkeiten für den Eintritt in das Ende der Erwerbsfähigkeit unterschiedlich geregelt werden müssen und von jenen Bemühungen zu einem solidarischen Beitrag erhoben werden, die das auch können. Die Rentenversicherung für alle muss auf breite Beine gestellt und ihre Finanzierung endlich tiefgreifend fortentwickelt werden. Die soziale Abstufung der Beiträge muss verschärft und der Kreis der Einzahlenden erweitert werden. Das Einkommen und Vermögen dafür sind da“.